Thailand ist aufgrund seiner zentralen Lage in Südostasien, öffentlicher Förderungsprogramme und guter wirtschaftlicher Verbindungen zu China ein interessanter Markt für internationale Unternehmen. Für ein erfolgreiches Investment vor Ort sind allerdings einige rechtliche Details zu beachten, über die Christian Moser (Rechtsanwalt und Managing Director bei Advocates Moser & Partner in Bangkok) berichtet.

Herr Moser, warum ist Thailand wirtschaftlich für ausländische Unternehmen interessant?

Moser: Thailand und speziell Bangkok bietet sich schon geografisch im Zentrum Südostasiens gelegen als Standort für das ASEAN-Geschäft einschließlich China an. Thailand und seine Nachbarländer alleine stellt einen Markt von ca. 400 Millionen Menschen dar – ein Markt mit einer rapide wachsenden konsumorientierten Mittelschicht. Mitte 2019 sind ein Freihandelsabkommen und Investitionsschutzabkommen mit den Vertragsstaaten Thailand, Laos, Myanmar, Singapur, Hongkong und Vietnam in Kraft getreten.

Wie sieht es mit der lokalen Infrastruktur aus?

Moser: Der Bangkoker Flughafen ist jetzt bereits ein Drehkreuz für die ganze Region: von Bangkoks Flughafen Suvarnabhumi ist man innerhalb von ca. einer Stunde in praktisch allen wichtigen Metropolen in Südostasien und Südchina. Mit der Eröffnung eines neuen Terminal erhöht sich die Landekapazität um weitere 50%. Innerhalb Bangkoks werden derzeit 10 neue U-Bahnlinien gebaut, die weit vor die Tore der Stadt und sogar bis zur Küste reichen, in deren Nachbarschaft schicke Wohnquartiere und luxuriöse Shoppingmalls aus dem Boden schießen. Zudem befinden sich derzeit Land- und Schienenwege von Singapur über Bangkok bis Peking im Ausbau, und aufgrund eines Abkommens ist die Warenbeschaffung aus China für Rohstoffe und Maschinen zollfrei. Nicht zu vergessen ist auch, dass Thailand Zugang zum Indischen Ozean und zum Pazifik hat und über bedeutende Hochseehäfen verfügt. Immer mehr ausländische Unternehmen siedeln sich in Thailand an, um Produktionsstandorte im benachbarten Laos oder Kambodscha zu errichten und von hier mit Serviceleistungen zu versorgen. Dabei profitieren sie von niedrigen Lohnkosten und attraktiven Förderungsprogrammen der thailändischen Regierung.

Was genau wird in Thailand gefördert?

Moser: Thailand erlebt gerade einen Umbruch zu einer wissens- und innovationsbasierten Wirtschaft dank gezielter Förderprogramme. Das sog. Board of Investment (BoI) bietet erhebliche steuerliche und nicht-steuerliche Vergünstigungen für ausländische Investoren. So ist es unter bestimmten Voraussetzungen möglich, bis zu 15 Jahre von der Corporate Income Tax befreit zu werden. Was genau steuerlich gefördert wird, ergibt sich aus einer Branchen-Liste, die in unregelmäßigen Abständen vom BoI aktualisiert wird; hat man eine BoI-Förderung aber einmal erhalten, genießt man unbefristeten und gesetzlich verbürgten Bestandsschutz und Investitionssicherheit. Produzierende Betriebe, das Einbringen von ausländischem Know-how sowie die Ansiedelung von Forschung und Entwicklung beispielsweise werden aktuell unterstützt. Um nur wenige Beispiele aus der langen Liste der geförderten Branchen zu nennen: Biotechnologie und Lebensmittelverarbeitung, Robotics und Automation, Luftfahrtindustrie und Flugzeugbau, Abfallwirtschaft und Recycling, Biotreibgase und Medizintourismus sind einige der aktuell vom BoI geförderten Aktivitäten.

Worin liegen die nicht-steuerlichen Förderungsmaßnahmen in Thailand? 

Moser: Hierbei geht es vor allem um die Befreiung von Investitionsbeschränkungen. In Thailand gilt grundsätzlich, dass ein Ausländer sich nur mit einem Minderheitsanteil an einem thailändischen Unternehmen beteiligen kann, außer die Unternehmung wird vom BoI gefördert oder verfügt über eine Genehmigung, die Foreign Business License. Für den Mehrheitsanteil wird ein lokaler Joint Venture Partner benötigt. Wenn aber das BoI das Geschäft als förderungswürdig einstuft, darf der Ausländer sämtliche Anteile halten.

Bleiben wir bei dem Kooperationsmodell – was sind Ihre Erfahrungen aus der Praxis? 

Moser: Natürlich gibt es viele Fälle, in denen das gut funktioniert. Wir als Anwälte kommen aber leider meist erst dann ins Spiel, wenn es Probleme gibt und die Sache vor Gericht geht – was nicht so selten vorkommt. Es ist frappierend, wie leichtsinnig manche ausländische Unternehmen auch größere Summen in Thailand investieren, ohne sich abzusichern. Das betrifft zum einen glatte Betrugsfälle, in denen der lokale Partner sich zu einem Projekt verpflichtet, es aber niemals umsetzt. Zum anderen kann es irgendwann zu Konflikten mit dem lokalen Partner kommen mit Blick auf Stimmrechte und Dividenden.

Wie lässt sich dieses Konfliktpotenzial eindämmen? 

Moser: Zunächst einmal sollte ein ausländisches Unternehmen eine umfassende Due Diligence durch einen thailändischen Anwalt vornehmen und dabei sowohl den lokalen Partner als auch das geplante Geschäftsmodell untersuchen lassen. Zudem lässt sich durch entsprechende Gestaltung des Gesellschaftsvertrags sicherstellen, dass der ausländische Investor die Kontrolle behält. Denn nach thailändischem Recht ist es möglich, dem lokalen Partner zwar 51% der Anteile zu geben – aber die Stimmrechte und das Gewinnbezugsrecht zu maximal 95% dem ausländischen Investor zu gewähren.

Das dürfte für den Ausländer auch in bilanzieller Hinsicht relevant sein… 

Moser: Stimmt. Wir hatten neulich einen Fall, in dem wir für einen internationalen Konzern die Konsolidierung der thailändischen Beteiligung nach IFRS zu klären hatten. Wenn aufgrund der gesellschaftsvertraglichen Gestaltung die Stimmrechte und die Gewinnverteilung zu 95% bei dem ausländischen Investor liegen, kann dieser das Joint Venture in Thailand auch voll konsolidieren, obwohl die Mehrheit der Anteile beim lokalen Partner liegt.

Wie sollte ein ausländisches Unternehmen idealerweise vorgehen, wenn es in Thailand investieren möchte? 

Moser: Im ersten Schritt sollte zunächst mit dem BoI geklärt werden, ob eine Förderung in Betracht kommt. Ist dies nicht der Fall, besteht noch die Möglichkeit einer sog. Foreign Business License, mit der man nach Ermessen des zuständigen Beamten individuelle Fördermaßnahmen erhält. Die Wahrscheinlichkeit dafür ist hoch, wenn man beispielsweise ausländisches Know-how nach Thailand transferiert. Allerdings dauert der Prozess beim BoI sechs bis zwölf Monate. Wenn man im Einzelfall nicht so lange warten will, ist die Konstruktion mit einem lokalen Joint Venture Partner das Mittel der Wahl.

Und worauf sollte man achten, sofern es zum Streit mit dem thailändischen Joint Venture Partner kommt? 

Moser: Aus unseren Erfahrungen bei der Vertretung ausländischer Unternehmen vor thailändischen Gerichten wissen wir beispielsweise, dass die Einschaltung der Kammer für Handelssachen (Intellectual Property and International Trade Court) vorteilhaft ist. Deren Sonderzuständigkeit kann sich beispielsweise daraus ergeben, dass Urheberrechte oder gewerbliche Schutzrechte streitgegenständlich sind, oder ein Bezug zum internationalen Handelsrecht besteht oder eine ausländische juristische Person involviert ist. Der Spruchkörper setzt sich jeweils zur Hälfte aus Richtern und erfahrenen Geschäftsleuten zusammen, die zudem auch über bessere Englisch-Kenntnisse und Sachverstand in wirtschaftsrechtlichen Angelegenheiten verfügen – was das Verfahren vor dem internationalen Handelsgericht erheblich abkürzt und sachgerechtere Entscheidungen gewährleistet.

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