Um Nachhaltigkeit im Finanzsystem der Europäischen Union zu fördern, wird in gut einem Jahr die Offenlegungsverordnung in Kraft treten. Assetmanager müssen sich darauf schon jetzt vorbereiten und haben nicht mehr lange Zeit, ihre Prozesse anzupassen. Was nun bis wann zu tun ist, erläutert Dr. Harald Glander, Rechtsanwalt und Partner bei Simmons & Simmons in Frankfurt am Main.

Herr Dr. Glander, welche Pflichten treffen Asset Manager nach der neuen Offenlegungsverordnung?

Glander: Vor allem die Pflicht, Informationen zu Nachhaltigkeitsrisiken und den nachteiligen Auswirkungen ihrer Tätigkeit auf Nachhaltigkeitsfaktoren zu veröffentlichen. Asset Manager sollen so dazu angeleitet werden, den Investoren jene Informationen bereitzustellen, die eine transparente und fundierte Investitionsentscheidung ermöglichen. Adressaten der Verordnung sind regulierte Unternehmen wie AIF- und OGAW-Verwaltungsgesellschaften, Banken und Finanzdienstleistungsinstitute. Selbst wenn Asset Manager keine nachhaltigen Finanzprodukte herstellen oder vertreiben, müssen einige der Offenlegungspflichten beachtet werden.

Wie konkret können und müssen Nachhaltigkeitsrisiken und -faktoren veröffentlicht werden?

Glander: Die zu veröffentlichenden Informationen lassen sich systematisch in produktbezogene und unternehmensbezogene Pflichten unterteilen. Asset Manager sind dazu verpflichtet, unternehmensbezogene Informationen auf ihren Internetseiten zu veröffentlichen. Dazu gehören unter anderem Angaben zu ihren Strategien zur Einbeziehung von Nachhaltigkeitsrisiken bei der Anlageentscheidung und in der Anlageberatung. Finden darüber hinaus nachteilige Auswirkungen auf Nachhaltigkeitsfaktoren im Anlageentscheidungs- oder Anlageberatungsprozess Berücksichtigung, müssen Asset Manager grundsätzlich eine Erklärung über den Umgang mit diesen Auswirkungen veröffentlichen. Davon ausgenommen sind jedoch solche Unternehmen im Anwendungsbereich der Verordnung, die regelmäßig weniger als 500 Mitarbeiter beschäftigen. Zudem müssen Asset Manager bekannt geben, inwiefern ihre Vergütungspolitik mit der Einbeziehung von Nachhaltigkeitsrisiken konform geht.

Ab welchem Zeitpunkt beginnt die Pflicht, über Nachhaltigkeitsrisiken zu informieren?

Glander: Zukünftig müssen vorvertragliche Informationen von Finanzprodukten nachhaltigkeitsbezogene Informationen enthalten. Vor der Erbringung der Dienstleistungen, Anlageberatung und Portfoliomanagement müssen Investoren entsprechend aufgeklärt werden. Der Umfang dieser produktbezogenen Informationen erweitert sich, wenn ein Finanzprodukt ESG-Merkmale fördern soll oder eine nachhaltige Investition als “Impact Investment” angestrebt wird. Darüber hinaus wird die noch nicht in Kraft getretene Taxonomie-Verordnung für einen Teil der Offenlegungspflichten die zu veröffentlichenden Informationen ergänzen.

Welchen Einfluss haben die neuen Pflichten auf Anlageentscheidungs- und Beratungsprozesse von Asset Managern?

Glander: Die Offenlegungsverordnung ist ein wesentlicher Teil der Strategie der EU, privates Kapital in nachhaltige Investments umzulenken, um somit das Erreichen ihrer Klimaschutzziele finanzieren zu können. Betroffene Unternehmen werden aufgrund der neuen Pflichten ihre Anlageentscheidungs- und Beratungsprozesse gegenüber Investoren transparenter gestalten müssen. Das gilt insbesondere auch für Asset Manager, die bislang noch keine Nachhaltigkeitsfaktoren oder Nachhaltigkeitsrisiken in ihren Dienstleistungen und Produkten berücksichtigen. Diese sind nun gezwungen, sich mit dieser Thematik im Rahmen ihres Geschäftsmodells auseinanderzusetzen.

Welche zivilrechtlichen Haftungsrisiken ergeben sich aus der Offenlegungsverordnung für Asset Manager?

Glander: Der Verstoß gegen die Offenlegungspflichten kann in der Tat zivilrechtliche Haftungsrisiken nach sich ziehen. Erfolgt die Veröffentlichung der offenzulegenden Informationen beispielsweise nicht oder nur fehlerhaft, kann ein Schadenersatzanspruch gegen das zur Offenlegung verpflichtete Unternehmen die Folge sein. Um dieses Risiko zu verringern, müssen Asset Manager interne Maßnahmen ergreifen um sicherzustellen, dass die offenzulegenden Informationen korrekt sind und ihre Mitarbeiter im Umgang mit den neuen Pflichten geschult werden.

Was konkret sollten Asset Manager jetzt tun, um ihren Pflichten nach der Offenlegungsverordnung zu genügen?

Glander: Die Offenlegungsverordnung ist ab dem 10.3.2021 für Asset Manager anwendbar und wird erst durch Level-2-Maßnahmen, welche spätestens am 30.12.2020 im Entwurf vorliegen müssen, konkretisiert. Viele zur Veröffentlichung verpflichtete Unternehmen stehen erst am Beginn der Umsetzung der Offenlegungsverordnung. Dabei ist jetzt die Zeit zum Handeln gekommen. Asset Manager müssen, soweit noch nicht geschehen, interne Prozesse zur Implementierung der Verordnung anstoßen. Dazu gehört vor allem eine umfassende Schulung aller Mitarbeiter im Hinblick auf die Offenlegungspflichten, aber auch die Anpassung interner Prozesse zur Erhebung und Verarbeitung nachhaltigkeitsbezogener Daten. Weiterhin ist die Produktpalette zu analysieren, um die notwendigen Anpassungen in der Dokumentation vorzunehmen. Vor allem aber sind auf Managementebene Entscheidungen zu treffen, wie mit dem Thema ESG umzugehen ist (will man etwa „nur“ ESG zusätzlich anbieten oder will man dagegen für ESG im Markt stehen).

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