Es gibt im deutschen Gesellschaftsrecht bestimmte Vorgänge, die der Zustimmung der Gesellschafterversammlung und zusätzlich einer notariellen Beurkundung des Beschlusses bedürfen. Im Digitorney-Interview schildert der Frankfurter Notar Dr. Rouven Redeker, in welchen Situationen diese formale Notwendigkeit besteht und worauf Unternehmen achten sollten, um formal alles richtig zu machen und unnötige Kosten zu vermeiden.

Herr Dr. Redeker, wann besteht rechtlich die Notwendigkeit, dass GmbH-Gesellschafter ihren Zustimmungsbeschluss notariell beurkunden lassen müssen?

Redeker: Das kommt auf die Situation und die Vorgaben der jeweiligen Satzung an. Für Ergebnisabführungsverträge, Umwandlungsvorgänge wie Verschmelzungen oder Abspaltungen und Vermögensveräußerungen im Ganzen muss der Zustimmungsbeschluss schon von Gesetzes wegen notariell beurkundet werden, damit die jeweilige Transaktion wirksam wird. Bei anderen Maßnahmen kommt es darauf an, was der Gesellschaftsvertrag vorsieht.

Können Sie dazu ein Beispiel geben?

Redeker: Die klassischen Fälle sind die Veräußerung und Verpfändung von Geschäftsanteilen einer GmbH. Hier sehen Gesellschaftsverträge typischerweise sogenannte Vinkulierungsklauseln vor, wonach die Veräußerung oder Verpfändung von Geschäftsanteilen der Zustimmung der Gesellschafterversammlung bedarf. Der Hintergrund ist, dass die Gesellschafter verhindern wollen, dass gegen ihren Willen außenstehende Dritte an der Gesellschaft beteiligt werden oder Einfluss nehmen können. Deshalb ist eine Veräußerung oder Verpfändung von Geschäftsanteilen ohne die satzungsgemäß vorgesehene Zustimmung der anderen Gesellschafter auch schwebend unwirksam und wird erst wirksam, wenn die Zustimmung erteilt wird.

Muss der Zustimmungsbeschluss dann notariell beurkundet werden? 

Redeker: Nein. Der Zustimmungsbeschluss wird aber häufig in die Kaufvertrags- oder Verpfändungsurkunde aufgenommen und mitbeurkundet. Hierdurch verdoppelt sich allerdings der für die Notarkosten relevante Geschäftswert und die Notarkosten steigen entsprechend. Da keine Beurkundungspflicht besteht, ist es daher auch möglich, dass der zustimmende Gesellschafterbeschluss privatschriftlich gefasst wird und der Urkunde zu Beweiszwecken einfach beigefügt wird. Dies spart Kosten.

Gilt dies auch bei einer Geschäftsveräußerung im Ganzen?

Redeker: Nein. Hier sieht das Gesetz zwingend sowohl die Beurkundung des Veräußerungsvertrages als auch des Zustimmungsbeschlusses vor. Wird der Gesellschafterbeschluss nicht beurkundet, ist er unwirksam und damit ist die gesamte Transaktion unwirksam. Der Super-GAU.

Wann genau liegt eine Geschäftsveräußerung im Ganzen vor?

Redeker: Das Gesetz schreibt leider keine festen Schwellenwerte vor, an denen man sich in der Praxis orientieren könnte. In der Literatur geht man von einer Geschäftsveräußerung im Ganzen aus, wenn Vermögen veräußert wird, das ca. 80-90% der Bilanzsumme des Unternehmens ausmacht. Dies sind praxistaugliche Zahlen, mit denen man arbeiten sollte.

Gelten die Vorschriften zur Geschäftsveräußerung im Ganzen bei allen Gesellschaftsformen?

Redeker: Die Beurkundungspflicht für den Kaufvertrag gilt für alle Rechtsformen und sogar für Privatpersonen, wenn eine Geschäftsveräußerung im Ganzen vorliegt. Beim Zustimmungsbeschluss ist die Rechtslage anders. Hier gilt die Beurkundungspflicht nur für Kapitalgesellschaften, nicht aber für Personengesellschaften. Mit anderen Worten: Ein Zustimmungsbeschluss muss bei allen Rechtsformen gefasst werden. Dieser muss aber nur notariell beurkundet werden, wenn es sich bei dem veräußernden Unternehmen um eine GmbH oder eine AG handelt. Bei einer Personengesellschaft genügt die einfache Schriftform.