Gewerblicher Rechtsschutz

Schutz von Marken und Patenten im Zeichen von Covid-19

Der Schutz von Marken und Patenten ist für viele Unternehmen von strategischer Bedeutung, um Innovationen und Produkt- oder Dienstleistungsbezeichnungen abzusichern. Zugleich bieten gewerbliche Schutzrechte wie Patente, Marken und Designs die Möglichkeit, zusätzliche Erträge in Form von Lizenzeinnahmen zu erzielen. Bei einer Verletzung von gewerblichen Schutzrechten stehen deren Inhabern zudem Schadensersatzansprüche zu. Doch im Zuge der Corona-Pandemie hat sich bei der Anmeldung und Aufrechterhaltung von gewerblichen Schutzrechten eine gewisse Zurückhaltung der Unternehmen entwickelt, berichtet Christoph Jonas (Rechtsanwalt und Partner bei Patzina Lotz in Frankfurt am Main) und gibt Empfehlungen für die Krisenzeit.

Herr Jonas, welche Entwicklungen im gewerblichen Rechtsschutz verzeichnen sie aktuell vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie?

Jonas:  Wir müssen hier unterscheiden zwischen der Schutzrechtsverwaltung, also der Anmeldung und Aufrechterhaltung (Prosecution) einerseits sowie der Durchsetzung von Schutzrechten (Litigation) andererseits. Bei der Prosecution agieren Unternehmen derzeit deutlich restriktiver als vor der Krise, weil sie sich wegen der Planungsunsicherheit angesichts der Pandemie nur auf das Notwendigste konzentrieren und ihre Ausgaben minimieren wollen. Eine Tendenz, bei der im Interesse der Unternehmen nur zu hoffen ist, dass sie nicht allzu lange anhalten wird.

Ist denn eine Marken- oder Patentanmeldung so kostspielig?

Jonas: Die Frage sollte vielmehr sein, inwiefern Kosten und Nutzen von den Unternehmen zuvor hinreichend abgewogen werden. Was die Kosten einer Schutzrechtsanmeldung betrifft, so ist zunächst danach zu unterscheiden, in welchen Ländern man Schutz genießen möchte. Eine Design- oder eine Markenanmeldung sind recht preisgünstig, das bekommt man mit wenigen Hundert Euros Amts- und Anwaltsgebühren schon hin. 

Ein Patent ist da schon deutlich kostspieliger. Eine Patentanmeldung schlägt in der Regel mit einem vierstelligen Betrag zu Buche, natürlich wird es erheblich teurer, wenn man zusätzlichen Schutz in weiteren Ländern begehrt. Da kommen neben Amts- und Anwaltsgebühren natürlich noch Übersetzungskosten hinzu. Alles in allem kostet eine Anmeldung in mehreren Ländern dann schon einmal einen ordentlichen fünfstelligen Betrag. In vielen Fällen rechnet sich dies für die Unternehmen dennoch. Allein eine gut gepflegte Marke kann, bei überschaubaren Gesamtkosten, den wirtschaftlichen Wert eines Unternehmens deutlich erhöhen und kann – eine gute Pflege vorausgesetzt – teilweise den Wert der Immobiliarsachwerte eines Unternehmens übersteigen. Dennoch scheuen viele Unternehmen momentan derartige Investitionskosten. Was den Schutz technischer Erfindungen betrifft, also den Patentmarkt, muss man unabhängig von COVID 19 außerdem berücksichtigen, dass die Produktzyklen immer kürzer werden und die Innovation bzw. das Patent von heute schnell überholt sein kann.

Strategisch gesehen ist aber eine solche Entwicklung doch bedenklich, oder?

Jonas: Absolut – wenn ein Unternehmen beispielsweise seine Innovationen nicht durch Patente absichert, kann es Nachahmer nur noch auf wettbewerbsrechtlicher Ebene verfolgen, wobei es dort deutlich größere Unwägbarkeiten bei der Rechtsdurchsetzung gibt. Die Rechtsposition ist somit im Vergleich mit einem Patent deutlich schwächer. Wer seine Innovationen nicht schützt, riskiert also seine Marktposition im Wettbewerb.

Was empfehlen Sie Unternehmen in der aktuellen Lage?

Jonas: Die Corona-Pandemie bietet eine gute Gelegenheit für das Management, sich das Portfolio der Schutzrechte anzuschauen: welche brauchen wir tatsächlich, worauf wollen wir uns in den nächsten Jahren in welchen Ländern konzentrieren? Welche Innovationen sind strategisch so bedeutsam, dass wir sie jetzt international schützen lassen sollten – während ältere Patente möglicherweise nicht mehr verlängert werden müssen. Das erfordert mehr Dialog bzw. Kommunikation zwischen dem Top-Management und dem Innovationszentrum bzw. den F&E-Einheiten des Unternehmens.

Wie sieht es aktuell mit der Litigation, also der Durchsetzung von gewerblichen Schutzrechten aus?

Jonas: In diesem Bereich ist deutlich mehr Dynamik.

Ich selbst vertrete momentan mehrere große und mittelständische Unternehmen in Patentverletzungsverfahren, bevorzugt vor dem Landgericht München, da das Münchner Verfahren erstinstanzlich aufgrund seiner Struktur recht rasch zu einem Urteil führen kann. Außerdem bietet das Landgericht München zudem ein exzellentes Güterichterverfahren an, in dem beide Parteien einvernehmlich und sozusagen als Partner eine gütliche Einigung erarbeiten können. Damit sparen sich beide Parteien dann eine weitere Instanz und können sich wieder auf ihr jeweiliges Kerngeschäft konzentrieren. Leider nutzen wir Anwälte viel zu selten die Möglichkeit, unseren Mandanten auch bei positiver Einschätzung der Prozesssituation zu einer gütlichen Einigung zu raten, obwohl dieser Weg den Unternehmen nach meinem Dafürhalten häufig einen größeren wirtschaftlichen Mehrwert bietet. Alles in allem kann man jedoch sagen, dass die Pandemie auch dazu geführt hat, dass Unternehmen noch stärker als zuvor darauf bedacht sind, Unterlassungs- und Schadensersatzansprüche aggressiver auf dem Markt durchzusetzen. Dies bestätigen auch meine Gespräche mit Richtern verschiedener Gerichte in Deutschland.

Was sind die Gründe hierfür?

Jonas: Wer erfolgreich gegen Schutzrechtsverletzungen vorgeht, kann erhebliche Erträge aus Schadensersatzansprüchen erzielen – das sind in der aktuellen Lage attraktive Sonder-Einnahmen. Außerdem können Unternehmen durch einen Rechtsstreit den Wettbewerb auf Abstand halten.

Aber durch die Kontaktbeschränkungen dauern die Verfahren doch sicherlich länger?

Jonas: Das stimmt, wobei ein früher erster Gerichtstermin mittlerweile auch als Videokonferenz stattfinden kann. Aber die Terminierung von Hauptverhandlungen dauert derzeit länger als sonst, weil viele Gerichte überlastet sind.

Warum macht es für Rechtsinhaber dennoch Sinn, Verletzungen zu verfolgen?

Jonas: Einen Rechtsstreit kann man als „Vehikel“ nutzen,

um Druck aufzubauen und mit der Gegenseite in Verhandlungen zu treten mit dem Ziel, einen außergerichtlichen Vergleich zu erzielen. Dieses Damoklesschwert kann dazu führen, dass sich beide Seiten beispielsweise auf einen Lizenz-Vertrag einigen. Die hieraus generierten Einnahmen können dann zwar gegebenenfalls geringer sein als ein gerichtlich durchzusetzender Schadensersatz. Dennoch bietet dieses Modell für den Schutzrechtsinhaber den Vorteil, dass Verfahrenskosten und Zeitaufwand erheblich reduziert werden, es rasch zu einem stabilen Cash Flow kommt und man mit dem Verletzer, häufig sind dies Mitbewerber, keine „Dauerfreundschaft“ begründet. Sofern aus strategischer Sicht ein Nutzungsrecht in Form einer Lizenz eingeräumt werden kann, stellt das letztlich eine betriebswirtschaftlich sinnvolle Gesamtlösung dar.