Angesichts der Corona-Pandemie und der daraus resultierenden Probleme für deutsche Unternehmen soll bereits am heutigen Montag (23. März 2020) der Entwurf eines „Gesetzes zur Abmilderung der Folgen der Covid-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht“ durch die Bundesregierung und voraussichtlich am Mittwoch (25. März 2020) durch den Bundestag verabschiedet werden. Der Entwurf sieht nicht nur eine Aussetzung der Insolvenzantragspflicht, sondern auch eine Anpassung der Regelung zum Zahlungsverbot vor.

Gemäß § 1 des Corona-Insolvenz-Aussetzungsgesetzes (CorInsAG-E) soll die Pflicht zur Stellung eines Insolvenzantrags nach § 15a InsO und nach § 42 Abs. 2 BGB bis zum 30. September 2020 ausgesetzt werden. Dies gilt nicht, wenn „die Insolvenzreife nicht auf den Folgen der Ausbreitung des SARS-CoV-2-Virus (Covid-19-Pandemie) beruht oder wenn keine Aussichten darauf bestehen, eine bestehende Zahlungsunfähigkeit zu beseitigen. War der Schuldner am 31. Dezember 2019 nicht zahlungsunfähig, wird vermutet, dass die Insolvenzreife auf den Auswirkungen der Covid-19-Pandemie beruht und Aussichten darauf bestehen, eine bestehende Zahlungsunfähigkeit zu beseitigen.“

Liquiditätsplanung mit und ohne „Corona-Effekt“ entscheidend

Sofern diese begrüßenswerte Gesetzesänderung in Kraft tritt, sollten Geschäftsführer und Vorstände krisenbefangener Unternehmen zunächst feststellen, ob eine Zahlungsunfähigkeit und/oder eine Überschuldung faktisch eingetreten sind oder kurzfristig eintreten wird. Ist dies der Fall, sollten sie schriftlich dokumentieren,

a) worin konkret der kausale Zusammenhang zwischen der Corona-Krise und dem Eintritt der Zahlungsunfähigkeit und/oder Überschuldung besteht,

b) dass und wann und in welchem Umfang sie einen Antrag auf öffentliche Hilfen gestellt oder mit wem sie Verhandlungen über welche Finanzierungs- oder Sanierungslösungen geführt haben und

c) inwiefern die öffentlichen Hilfen konkret dazu geeignet sind, das Unternehmen zu sanieren. Dazu wird sicherlich ein schriftlich ausgearbeitetes Sanierungskonzept erforderlich sein, in dem der Zusammenhang zwischen öffentlicher Hilfe und Sanierungserfolg objektiv nachvollziehbar dargestellt wird.

Szenario-Analye zu empfehlen

Ratsam ist es in diesem Kontext, eine schriftlich dokumentierte Liquiditätsplanung mit zwei Szenarien vorlegen zu können. Dazu sind die liquiditätswirksamen Effekte der Corona-Pandemie auf das Unternehmen zu quantifizieren: Aus Szenario A sollte sich ergeben, dass ohne den „Corona-Effekt“ keine Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung eingetreten wäre. In Szenario B sollte ersichtlich sein, inwiefern die Corona-Pandemie zum Eintritt eines Insolvenzgrunds führt. Zudem sollte das Management dokumentieren, aufgrund welcher Maßnahmen konkrete Aussichten bestehen, die Zahlungsunfähigkeit zu beseitigen. Schließlich sollte retrospektiv in Abstimmung mit dem Wirtschaftsprüfer mit Blick auf den Jahresabschluss 2019 festgehalten werden, dass am 31.12.2019 keine Zahlungsunfähigkeit bestand.

Keine Fremdanträge in dreimonatigem Übergangszeitraum

Nach dem Entwurf bleiben Eigenanträge auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens und Anträge von Gläubigern („Fremdanträge“) zwar weiterhin möglich. Allerdings setzt § 3 CorInsAG-E die Eröffnung des Insolvenzverfahrens bei Fremdanträgen für einen Übergangszeitraum von drei Monaten voraus, dass der Insolvenzgrund schon am 01.03.2020 vorlag.

Auch Regelung zum Zahlungsverbot wird angepasst

Soweit nach § 1 CorInsAG-E die Pflicht zur Stellung eines Insolvenzantrags ausgesetzt ist, sollen gemäß § 2 CorInsAG-E zudem „Zahlungen, die im ordnungsgemäßen Geschäftsgang erfolgen, insbesondere solche Zahlungen, die der Aufrechterhaltung oder Wiederaufnahme des Geschäftsbetriebes oder der Umsetzung eines Sanierungskonzepts dienen, als mit der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters im Sinne der § 64 Satz 2 GmbHG, § 92 Abs. 2 Satz 2 AktG, § 130a Abs. 1 Satz 2, auch i.V.m. § 177a Satz 2 HGB und § 99 Satz 2 GenG als vereinbar gelten.“

Diese bisher nicht öffentlich diskutierte Ergänzung zum Zahlungsverbot ist als ebenfalls sehr sinnvoll einzuschätzen. Denn für Geschäftsleiter besteht im Hinblick auf Zahlungen im operativen Tagesgeschäft das Risiko einer persönlichen Haftung gemäß § 64 S.1 GmbHG bzw. § 92 Abs. 2 S.1 AktG, wenn es mit dem faktischen Eintritt einer Zahlungsunfähigkeit und/oder Überschuldung zur Insolvenzreife kommt. Angesichts dessen werden sie – schon aus Gründen des Selbstschutzes – auch bei Aussetzung der Insolvenzantragspflicht die Zahlungen im operativen Geschäft weitestgehend einstellen. Die nach geltendem Recht vorgesehene Begrenzung auf Zahlungen, die mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmanns vereinbar sind, führt in der Praxis meist zu einem reinen „Notbetrieb“ des betroffenen Unternehmens.

Damit aber würde der Zweck der Aussetzung der Insolvenzantragspflicht konterkariert, die Folgen des Ausbruchs für die Realwirtschaft abzufedern. Daher ist es nur folgerichtig, das Zahlungsverbot nun ebenfalls anzupassen. Geschäftsführer und Vorstände sollten zur Vermeidung von persönlichen Haftungsrisiken schriftlich dokumentieren, inwiefern die jeweilige Zahlung der Aufrechterhaltung oder Wiederaufnahme des Geschäftsbetriebes oder der Umsetzung des Sanierungskonzepts dient.